Prof. Dr. Gerardo Gómez Morales

Gastwissenschaftler (Visiting Fellow) von September 2004 bis Februar 2005 und von Juni 2005 bis August 2005

Geb. am 30.09.1956, verheiratet, 4 Kinder

Staatsangehörigkeit: Paraguayer

Doktor der Theologie (Tübingen, 1995)

Professor für „Sozialethik“ an der Katholischen Universität Asunción, Paraguay

Professor für „Volksfrömmigkeit“ am Theologischen Institut der Katholischen Universität Asunción

Leiter des sozialpolitischen Projekts „Paraguay Jaipotáva“ der Paraguayischen Bischofskonferenz

Vorsitzender des Kuratoriums des Stipendienwerks Lateinamerika Deutschland in Asunción (spanisch: ICALA)

Ehem. Religionslehrer an der „Cristo Rey“-Schule (1983-1984), Lehrbeauftragter für Theologie an der Katholischen Universität Asunción (1985-1990), Berater der Bischofskonferenz in Jugendfragen (1988-1990), Pädagogischer Beauftragter für das Programm „Gerechtigkeit“ der Bischofskonferenz (1989-1990), Tutor für Landeskunde „Paraguay“ (Bad Honnef, 1992-1995), Leiter der Abteilung „Religionsunterricht und Erziehungsbücher“ der En-Alianza Stiftung (1995-2000), Berater des Ausschusses Erziehungs- und Kulturwesen des Paraguayischen Parlaments (1997-2002), Generalsekretär der Synode der Erzdiözese Asunción (1998-1999).

Projekt am fiph

"Die neuen Herausforderungen der Christlichen Soziallehre in Lateinamerika. Vorschläge für ein leistungsfähiges soziales und politisches Handeln der Christen"

Die katholische Kirche hat in der Geschichte Lateinamerikas einen bedeutsamen Einfluss entwickelt, insbesondere bei den Armen und im soziokulturellen Bereich. In der Tat wurde dieser Einfluss von der in Puebla (México, 1979) versammelten Lateinamerikanischen Bischofskonferenz als Option für die Armen (Opción por los Pobres) bestätigt. In Paraguay ist auch sehr anerkannt das kirchliche Engagement für die Menschenrechte während der Stroessner-Diktatur. Es war ein Zeugnis der prophetischen Anklage gegen den staatlichen Missbrauch der Menschen. Aber diese Haltung war nicht immer so eindeutig und galt nicht für die ganze Kirche. Man erwartete, dass die Menschen in der Kirche eine klare Aussage durch ihre Handlungen und ihr Reden entsprechend den Schlussfolgerungen des II. Vatikanischen Konzils treffen würde. Es schien viele Widersprüche zwischen den kirchlichen Institutionen und den einzelnen Haltungen zu geben, insbesondere im Bereich sozialer Fragen. Bis heute wurde dieser Widerspruch nicht gelöst.

Trotz ihres Engagements für die Menschenrechte und ihres karitativen Beistands für die Armen hatte die Kirche keine große Wirkung auf die gesellschaftliche Entwicklung. Sie konnte der Kultur der Abhängigkeit nicht entgegenwirken. Vielmehr hat sie zu dieser Kultur beigetragen. Ebenso wenig konnte sie die Korruption bekämpfen, die heutzutage eine große und schlimme Rolle spielt in der wirtschaftlichen Entwicklung Lateinamerikas. Man kann viele Ursachen dafür in der komplexen gesellschaftlichen Realität finden. Die Kirche hat eine hohe gesellschaftliche Verantwortung, weil sie die Rolle, die sie spielen könnte, nicht bewusst und nicht vollständig übernimmt.

Heute, vierzehn Jahre nach dem Ende der Diktatur in Paraguay, ist die wirtschaftliche und soziale Lage schlimmer als vor zwanzig Jahren. Das Volk leidet unter einer großen Enttäuschung: die grundlegenden Konzepte der Moderne wie Demokratie, Rechtsstaat, u. a. brachten bisher keinen wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt. Die Parolen vieler Priester und sozialer Führungskräfte spiegeln diese Unzufriedenheit wider und fügen zu diesen Vorwürfen Schlagwörter wie Globalisierung und Neoliberalismus sowie Hinweise auf alle möglichen schlechten Einflüsse von außen hinzu. Kaum wird von inneren Ursachen oder von eigener Verantwortung gesprochen. Es gibt kaum eigene Initiativen im Land selbst, die in der Lage wären, einen selbstbewussten Umbau der eigenen Gesellschaft vorzunehmen. Eine entscheidende Aufgabe fällt hier der Kirche zu. Die Kirche muss sich dessen sehr bewusst sein, um neue Wege für ihr zukünftiges Handeln zu entwickeln.

Das Forschungsprojekt versucht, das bislang vorherrschende Muster, dessen sich die Kirche bis heute in der christlichen Soziallehre und im politischen Handeln bedient, darzustellen und zu kritisieren, um dann Vorschläge zu erarbeiten für eine erneuerte christliche Sozialethik zugunsten der Christen im allgemeinen und der Institution Kirche im besonderen.