apl. Prof. Dr. Helmut Pape

Fellow von Oktober 2004 bis Juli 2005

Helmut Pape, geb. 1950, lebt in Bamberg und lehrt als außerplanmäßiger Professor an der Universität Bamberg. 2003 hat er den Weinvertrieb VINOSOPHIA - Wein & Philosophie gegründet.

Er studierte Philosophie, Soziologie, und Anglistik (nebenher Anthropologie und Kunstgeschichte) an der Universität Hamburg, wo er 1981 in Philosophie promovierte. 1977-1978 Tätigkeit als Research Associate am „Institute for Language and Semiotic Studies" der Indiana University, Bloomington, USA. Er arbeitete ab 1982 im Spiegel-Buch Verlag an zeitgeschichtlichen Büchern als Dokumentar mit.

Von 1982 bis 1985 Arbeit als freier Autor, Philosoph und Übersetzer (Science Fiction und Philosophie) in Südfrankreich, wo er ein 300 Jahre altes Bergbauernhaus renovierte. Im Herbst 1985 holte ihn Prof. Dr. Klaus Jacobi für sechs Jahre als Hochschulassistent an die Universität Freiburg. 1987 und 1990 folgte er der Einladung von Prof. Dr. Nicholas Rescher und forschte als Fellow am Center for Philosophy of Science in Pittsburgh über die Geometrie des Sichtbaren. 1991 wurde er als Vertreter einer C 2 Professur an der Universität Hannover angestellt. Dort habilitierte er sich 1993 mit einer Arbeit über die Bedeutung und Seinsart visueller Eigenschaften, die unter dem Titel Die Unsichtbarkeit der Welt. Eine visuelle Kritik neuzeitlicher Ontologie, in Frankfurt a. M. beim Suhrkamp Verlag 1997 erschienen ist. 1997 wurde er in das Kollegium des Kulturwissenschaftlichen Instituts in Essen eingeladen. Dort arbeitete er als Fellow der Arbeitsgruppe „Politische Theorie der Massenkultur".

Neben über 20 Buchveröffentlichungen, darunter vier Monographien, hat er mehr als 70 Aufsätze und andere kleinere Arbeiten veröffentlicht und über 90 Vorträge in mehreren europäischen Ländern und den USA gehalten. Zusammen mit Günter Wohlfart hat er den Verein „Académie du Midi - Institut für Philosophie e.V." gegründet. In diesem Rahmen aber auch unabhängig davon hat er 14 Jahre lang internationale Symposien geplant, geleitet und mitgestaltet. Diese Tagungen galten Themen wie „Begehren", „Kreativität", „Metapher" „Theorien des Sehens und des Lichts". Sowohl für deutsche wie für ausländische Verlage und Zeitschriften war er als Gutachter tätig.

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Projekt am fiph

"Von Angesicht zu Angesicht: Grundlinien einer Anthropologie und Ethik der Mitmenschlichkeit"

Die leitende Frage meines Projekts lautete: Was heißt es, um eines individuellen Mitmenschen willen moralisch zu handeln? Um eines anderen Menschen - um dieses Mitmenschen - willen zu handeln, kann nicht nur heißen, daß er oder sie für den Handelnden nur als Instanz eines moralischen Gesetzes oder eines universalistisch beschriebenen Wesen des Menschen wichtig und gemeint ist.

Dies führte zu einer weiteren Fragestellung, welche die anthropologische Seite des Projekts beschreibt: Der moralische Wert der Beziehungen zwischen Menschen und der Würde des Menschen als Gegenüber gründet in der sozialen Lebensform des Menschen. Doch wie stark, wie eng oder wie lose kann (und darf) diese Beziehung zwischen der sozialen Lebensform und der moralischen Lebensweise sein? Wie erwerben Menschen die Fähigkeit zum moralischen Handeln, das den anderen einbezieht? Ist dies nur eine zusätzliche, sekundäre Art des Handelns, die unseren grundlegenden Egoismus ergänzt?

In unserer westlichen Kultur dominiert gegenwärtig ein individualistisch-liberalistisches Bild des Menschen. In der Ökonomie, in der politischen Philosophie ebenso wie in sozialwissenschaftlichen Theorien wird der Menschen als einsamer, rationaler Nutzen- oder Lustmaximierer aufgefaßt. Dieses Stereotyp widerspricht aber der sozialen Befindlichkeit ebenso wie der Lebensform des Menschen: Um menschlich zu existieren, ist es unabdingbar, daß wir einander als Subjekte erfahren und uns als Mitmenschen anerkennen. Der Mensch muß, um egoistisch handeln zu können, anerkennende nicht-egoistische Beziehungen erfahren haben. Erst wenn er den anerkennenden Blick anderer Menschen - in der Regel die Mutter - erwidern kann, wird er auch egoistisch sein können. Die Grundsituation des menschlichen Miteinanders, in der wir uns - von Geburt an - immer schon vorfinden, ist aber auch moralisch konstitutiv. Dies ignoriert das antisozial-egoistische Stereotyp. Es geht bei diesem Projekt somit auch darum, die Bedingungen für Mitmenschlichkeit in den Lebensverhältnissen der Menschen und in der Erfahrung voneinander, als Mitmenschen, verständlich zu machen. Damit wird die Annahme aufgegeben, Ethik sei nur auf dem Hintergrund der anthropologischen Tatsache realistisch zu formulieren, daß Menschen solitäre Raubtiere sind, die es durch moralische Regeln, durch Gesetze zu zügeln gilt, weil jeder zunächst im Mitmenschen nur die mögliche Beute wittert und vom Krieg aller gegen alle nur durch staatliche Institutionen und ihre Gesetze abgehalten werden kann.

Wenn Menschen nur als soziale Wesen existieren können, dann haben ethische Theorien und die moralische Relevanz von Handlungen ihre Wurzeln in bereits existierenden sozialen Praktiken - und ethisches Denken wird durch moralische Praktiken umgesetzt. Die Sprache ist dabei nicht allein Darstellungsmedium, sondern bereits selbst eine Form des moralischen Handelns. Deshalb sollten soziale Praktiken im Lichte ihrer ethischen Relevanz interpretierbar sein - und umgekehrt. Soziale Gerechtigkeit, die Würde des Menschen und seine soziale Existenz sollten, ethisch-mitmenschlich gesehen, in einem engen Begründungsverhältnis zu einander stehen. Dieses Projekt wird deshalb versuchen, die ethischen Eigenschaften aus dem Zusammenhang des miteinander geteilten Lebens zu entwickeln und gegen andere Formen universeller moralischer Verpflichtung abzuheben. Die eigene Perspektive einer Ethik des menschlichen Miteinander im Verhältnis zu anderen Formen des moralischen Denkens läßt sich durch drei Thesen andeuten. Mitmenschlich begründbar ist, 1. daß es eine Autonomie und gleiche Würde aller Subjekte gibt, 2. daß dem Du des Mitmenschen eine Finalität zukommt und daß es als das andere Subjekt letztes Ziel des mitmenschlichen Handelns ist, und 3. daß das frei gewählte und durch moralische Erwägungen bestimmte Handeln gegenüber dem erzwungenen Handeln ethisch höher wertig ist.